Ein Wochenende, zwei wunderbare Konzerte.

Am vergangenen Wochenende durften wir zwei beeindruckende Konzerte genießen. Im Folgenden können Sie den Bericht von Aurel von Bismarck lesen, den er für die PNP geschrieben hat.

Vom spanischen Mittelalter nach News
Orleans
Eine musikalische Zeitreise
Buchenau: Dank des Förderkreises „Schloss Buchenau“ hat sich das
Buchenauer Schloss unter seinem „Schlossherren“ Dr. Roman Eder zu
einer angesagten Location für verschiedenste kulturelle
Veranstaltungen entwickelt. Nachdem während des Corona-Lockdowns
erst einmal für lange Zeit Sendepause war, geht das Programm
dieses Jahr in die Vollen. Viele tolle Musiker von Klassik bis
Jazz sind angesagt.
Der wundervolle Saal im Schloss ist nicht sehr groß, aber strahlt
eine Intimität aus, die ihresgleichen sucht.
Am vergangenen Wochenende kamen Musikfreunde wieder einmal voll
auf ihre Kosten.
Am Samstag, 18. März gaben sich Andreas Sobczyk (Piano) und
Michael Reiss (Gitarren) die Ehre.
Andreas Sobczyk hatte schon das erste Konzert dieses Jahres
gespielt und Michael Reiss könnte fast schon seine Zelte in
Buchenau aufschlagen, denn er ist schon fast Stammgast in diesem
hohen Hause.
Jazzmusik vor allem aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen,
wo diese Musik weniger Konzertanten Zwecken diente, als der
Unterhaltung, stand auf dem Programm.

Andreas Sobczyk machte den Anfang auf dem wundervollen Flügel.
Nicht irgendein Flügel der gängigen Firmen, sondern von der wenig
bekannten Firma Rachals aus Hamburg – erbaut in den 1920-er
Jahren.
Dieses Instrument mit seinem warmen, aber dennoch klären Klang
war ideal für die Musik eines Sammy Cruise aus New Orleans oder
das „Honeysuckle Road“ des ungleich bekannteren Fast Waller, eine
Musik des Übergangs zwischen Ragtime und Jazz.
Die Patina des Instrumentes und der Musik ergänzten sich – dazu
noch in dem intimen Raum – auf das Beste.
Und Andreas Sobczyk bewies mit seiner feinfühligen
Interpretation, mit seinem Gefühl für die richtigen Phrasierungen
seine wunderbare Affinität zu dieser Musik.
Nach diesen beiden Stücken zum Einstieg gesellte sich Michael
Reiss mit seiner wunderschönen Archtop-Gitarre (umgangssprachlich
Jazz-Gitarre) dazu. Diese Gitarren haben diesen weichen und
flexiblen Klang, der sich perfekt mit dem Sound des Flügels
verbindet. Und die, die Michael Reiss schon kennen, wissen, dass
er mit seinem Gitarrenspiel das gewisse Etwas versprüht.
Mit Nat Adderlys „Sweet Emma“ lieferten die beiden eine lässige
Bluesnummer ab und mit einem Stück von Benny Goodman und Teddy
Wilson würde es ein bisschen ragtimemäßig.
Duke Ellington war ja sowohl als Komponist, Pianist als auch als
Bandleader einer der ganz großen Jazzmusiker des 20.
Jahrhunderts.
Von ihm erklang „Do nothing till you hear from me“, eine ruhige
Swing-Nummer.
Bei „When my green boat cames home“ kamen auch noch Percussion-
Effekte auf der Gitarre zur Geltung.
Vor der Pause spielte Michael Reiss zwei Stücke aus eigener
Feder: „Keiriem“ und „Kick The wood street“.

Die Gitarre klang so, als ob sie ein ganzes Orchester nachahmen
wollte – von der Bassbegleitung bis zu den Oberstimmen.
Nach der Pause griff auch Andreas Sobczyk zur Gitarre.
Eine weitere Leidenschaft von ihm, jedoch sei er noch nie
öffentlich aufgetreten damit.
Aber auch bei ihm – zusammen mit Michi Reiss – klang das sehr
gut.
Nach zwei Stücken, die Michael Reiss solo spielte, spielten die
beiden wieder zusammen (Gitarre und Klavier) mit einer Nummer aus
den 30-er Jahren, wo sich Gitarre und Klavier abwechselten, wer
Melodie oder Begleitung spielt – eine tolle musikalische
Zwiesprache!
Nach Benny Grees „Captain Hook“ ging es boogie-woogie-mäßig
weiter mit „The Preacher“ von Horace Silver. Diese bekannte
Melodie hat in der Folge vielen anderen Musikern als Vorlage
gedient.
Wieder ein total stimmiges und tolles Konzert.
Wer von Michi Reiss noch mehr hören möchte – am 1. April ist er
mit einem Soloprogramm in Buchenau.
Am Tag darauf war Karoline Wolf mit ihrem 10-köpfigen Ensemble
und „Ensalada mixta“ zu hören. Wer das Konzert eine Woche zuvor
in der vollen evangelischen Kreuzkirche Zwiesel nicht wahrnehmen
könnte oder nochmal hören wollte, hatte nicht einmal die
Gelegenheit dazu, denn die 50 Plätze in Buchenau waren im Vorfeld
schon total ausgebucht!
Dr. Roman Eder sagte in seiner Begrüßung, das Konzert sei ein
Rekord, denn ein 10-köpfiges Ensemble hätte noch nie im Saal des
Schlosses gespielt.
Aber irgendwie konnten die Musiker sich da unterbringen – statt
der Truhenorgel der Kreuzkirche musste ein Cembalo von der Uni
Regensburg als Begleitinstrument herhalten. Die Musiker hatten zuerst etwas Bedenken wegen
trockenen Akustik in dem Raum, die sich aber – sobald die ersten
Töne erklangen – in Wohlgefallen auflösten.
Schon bei der Solokantate „Es danken dir, Gott, die Völker“
verschmolzen der klare Sopran von Karolina Wolf und die
Instrumente zu einer wundervollen Einheit.
Die Art von Karolina Wolf und ihrem Ensemble, eben nicht „mit
Glacéhandschuhen“ an die – sehr alte – Musik ranzugehen, sondern
sie lebendig zu musizieren, war wirklich überzeugend.
Einer der Höhepunkte des Abends waren sicherlich die drei
mittelalterlichen Stücke aus dem spanischen Kloster Montserrat.
Vor allem das letzte Stück „Cuncti simus concanentes“ ist ein
solcher Ohrwurm, dass es mittlerweile von allen möglichen
Mittelalter-Bands rauf und runter gespielt wird. Der Faszination
des mittelalterlichen Instrumentariums mit Flöten, Fideln und
Percussion kann sich wohl keiner entziehen!
Auch die beiden folgenden spanischen Stücke faszinierten, ganz
besonders das „Ande,pues,nuestea apellido“ mit den Tempowechseln,
übersprühend vor südländischem Temperament.
Nachdem ja das gleiche Programm wie eine Woche zuvor in der
Kreuzkirche gespielt wurde, gab es auch wieder Stücke von
Heinrich Schütz („Es steht Gott auf“), Henry Purcell (Hornpipe
und Rondeau), Claudio Monteverdi (Lamento Della Ninfa), Maurizio
Cazzati (Ciacona), Georg Förster (Ich komm aus fremden Landen
her), Johann Crüger (Fröhlich soll mein Herze springen) und
natürlich – das darf in so einem Programm nicht fehlen – der
Engländer John Dowland (Time stands still).
Nach dem reichhaltigen Beifall kamen die Musiker nicht davon,
ohne noch zwei Zugaben zu spielen:
Zum einen eine Arie der Cleopatra aus der Oper „Julius Caesar“ –
nein, nicht von Händel, sondern von Antonio Sartorio – wegen der
Konkurrenz zu Händel 300 Jahre in der Versenkung verschwunden,